Dienstag, 17. Januar 2012

Mi Cali se está adornando...

Mein Cali schmückt sich...

¡... para su fiesta más popular! („... für sein berühmtestes Fest!“) Die Feria de Cali steht nämlich vor der Tür - ein einwöchiges Spektakel, bei dem die caleños (Einwohner von Cali) zu geiler Salsa so richtig die Sau rauslassen. Die Band Grupo Niche besingt das Ereignis in dem folgenden Lied - wer mag, kann es sich ja einmal anhören.

Ich bin also wieder in Cali, wo ich in den Jahren 2009 und 2010 für ein Jahr als Englischlehrer gearbeitet habe. Meine Gasteltern María Nelly und Javier holen Dunja und mich vom Flughafen ab, und alle sind gut drauf.
Cali - ein neuer Puls.  Der Slogan der Stadt.
Bei María Nelly und Javier zu Hause angekommen, gibt es erst einmal Früchte und frischen Lulo-Saft. Die oben gezeigte Frucht schmeckt wie saure Kiwi und wird vorwiegend zu jugo (Saft) oder lulada (Lulo-Stücke in gecrushtem Eis) verarbeitet. Außerdem gibt's riesige Bananen.
Viel mehr gibt es aber auch nicht zu essen, da die Gasleitung nach Cali zerstört wurde und es so in der 2,5-Millionen-Stadt kein Gas gibt! Das ist ein Problem, wenn alle mit Gas kochen. Da aber bei María Nelly und Javier volles Haus ist, werden wir von Ángela abgeholt. Sie ist eine Arbeitskollegin von María Nelly und hat uns angeboten, bei ihr zu übernachten. Und das während Weihnachten! Saunett, wie ich finde.
Das Haus von Ángela ist ein altes Kolonialhaus, mit offenem Innenhof - bei 30°C das ganze Jahr lang kein Problem - und einer Bananenpalme im Hintergrund.
Am nächsten Morgen gehen wir einkaufen. Milch in Plastikbeuteln - typisch kolumbianisch.
Links: Bananen und Mangos, in der Mitte: Lulos, rechts: oben Curubas, unten Guaven.
Um in Weihnachtsstimmung zu kommen, backen wir den ganzen Tag lang Plätzchen. Ángela hat nämlich eine Gasflasche!
Ohne Ausstechförmchen! Die Kolumbianer sind fasziniert.
Auf dem Weg durch die Stadt fährt dieser Jeep an uns vorbei, der die höher gelegenen, sprich ärmeren Stadtviertel bedient.
Das alumbrado („Erleuchtete“) von Cali. Im Dezember und Januar schmücken viele kolumbianische Städte ihre Innenstädte mit Lichtern.
Im Hintergrund ist La Ermita zu sehen. Die Kirche ist ein Wahrzeichen von Cali.
Viele, viele bunte Lichter!
Mango viche - unreife Mango mit Salz und Zitrone. Super lecker!
Wir treffen am alumbrado zufällig Sandro, einen meiner ehemaligen Schüler, der gerade seinen Militärdienst ableistet und daher gerade als Hilfspolizist aufpasst. Wir gehen für eine Weile mit ihm und er erzählt uns über sein Leben - er ist 18, hat mittlerweile ein Kind, ist aber nicht mehr mit seiner Freundin zusammen und ihre Eltern lassen ihn das Kind nicht sehen. Frohe Weihnachten.
Ein kleiner Bambuswald.
An Heiligabend trifft sich auch in Kolumbien die ganze Familie. Wir sind natürlich auch eingeladen. Das ist meine Gastmutter María Nelly ...
... und das mein Gastvater Javier.
Im Hintergrund der Rest der Familie von María Nellys Schwester Claudia.
Die Adventsstadt gestaltet Claudia jedes Jahr neu mit Kartons und solch einem Schaum, den man sprüht und der dann fest wird. Dieses Jahr hat es zwei Wochen gedauert. Wir bekommen zu Weihnachten auch etwas geschenkt - ich ein T-Shirt und Dunja eine tolle Handtasche. Im Gegenzug verschenken wir Moai-Statuen von der Osterinsel, peruanischen Pisco und die gebackenen Plätzchen.
Nach Heiligabend beginnt die Feria de Cali. Nix mit stille Nacht, heilige Nacht - still ist hier nur der Tod. Für die Feria gibt es sogar eine Sonderedition der Bierflasche.
María Nelly hat Karten für das salsódromo organisiert, ein Salsa-Umzug. Als wir reingehen, wird ihr ihr iPhone aus der Tasche geklaut. Da ist die Stimmung natürlich erst einmal auf dem Tiefpunkt.

Noch geht es nicht los, aber die Tribünen sind bereits voll. Wir sitzen auf der Treppe der Tribüne, die von Blanco del Valle („Der Weiße des Tals“) gesponsert wird, die örtliche aguardiente-Marke. Aguardiente ist ein Schnaps, der aus Zuckerrohr gewonnen wird, nach Anis schmeckt und pur getrunken wird (und ziemlich eklig schmeckt). Auf jeden Fall gibt es von nun an das ganze Salsódromo lang kostenlos Aguardiente.

Das Ein-Mann-Orchester.
Endlich geht es los. Mehr als 20 Salsaschulen aus der ganzen Stadt zeigen, was sie können.
Einige laufen, andere fahren mit einem Wagen. Was für ein Spektakel!
Ich kaufe etwas Nichtalkoholisches zu Trinken und werde von der Menge frenetisch gefeiert.

¡Mono, mono! („Blonder, Blonder!“) Bei Wort genommen bedeutet mono zwar Affe, aber in Kolumbien werden mit mono blonde Menschen bezeichnet und angesprochen. Nein, Frau Steckemetz, es ist KEINE Beleidigung.
Wildfremde Menschen umarmen mich und wollen ein Foto mit mir. Und dann fängt Dunja an zu tanzen.

Was ist auf der Straße los? Egal! Auf der Tribüne spielt die Musik!
Unser Sitz- oder besser gesagt Stehnachbar.
Danke, María Nelly!
Und schon ist die Parade auch fast vorbei ...
... und María Nelly wieder glücklich. Die kolumbianische Mentalität - freue dich darüber, was du kannst und was du hast, und ärgere dich nicht über das, was du nicht kannst und nicht hast - bewundere ich.
Im Anschluss gehen wir Empanadas essen. Im Gegensatz zu den chilenischen Empanadas sind die kolumbianischen klein und aus frittiertem Maisteig.
Am nächsten Morgen besuchen wir die galería, einen Markt im Herzen der Stadt. Hier gibt es die Frucht der Könige - Mangostino (links, durchsichtiges Fruchtfleisch mit einem undefinierbaren geilen Geschmack) - und Anón (rechts, ähnlich einer Chirimoya).
Chontaduro, eine trockene, nach Kürbis schmeckende Frucht. Die Chontaduro kommt von der Pazifikküste und ist - wie jede zweite Frucht aus dieser Region - angeblich aphrodisierend. ¡Chontaduro te pone duro! („Chontaduro macht dich hart!“)
Mamoncillos - unter der grünen Schale verbirgt sich ein recht großer, weißer Kern. Um ihn herum liegt fast durchsichtiges Fruchtfleisch, das im Mund ein Trockenheitsgefühl erzeugt.
Viele hübsche Blumen kann man hier kaufen.
Guanábana - geschmacklich wie eine leicht saure Chirimoya. Wer keine Chirimoya kennt, hat leider Pech und wird sich unter Guanábana rein gar nichts vorstellen können. Meine Lieblingsfrucht.
Guama - unter der grünen Schale verbergen sich dunkle, nicht essbare Kerne, die von weiß-pelzigem, essbaren Fruchtfleisch umhüllt sind.
Curuba - eine Sorte der Passionsfrucht, die aber nur als Saft gut schmeckt.
Papaya und Ananas.
Noch mehr Mango viche - diesmal aber nicht in lange Schlangen geraspelt, sondern als ganze Frucht.
Außerdem im Angebot: rellena („die Übervolle“, eine Blutwurst) ...
... und Rinderaugen und Rinderhirn.
Oder doch lieber einen exotischen Saft? Borojó (Frucht vom Pazifik... pssst, sie hat eine aphrodisierende Wirkung), Guanábana (die beste Frucht der Welt, meiner Meinung nach), Guayaba (Guave, die beste Frucht der Welt laut Dunja) oder tomate de árbol (Baumtomate)?
Abends gehen wir zum Salsazirkus Delirio. Hochseilartisten und fantastische Tänzer erzählen uns, wie die Schwarzen und mit ihnen die Salsa von der Pazifikküste nach Cali gekommen sind. Ein wahres Meisterwerk, das jeden der 120.000 Pesos (knapp 50 Euro) Eintritt wert ist.
Am nächsten Tag gehen wir nachmittags nach Pance, einem Vorort von Cali, und laufen zu einem Wasserfall. Leider gibt es hiervon und vom Delirio keine Bilder, da Dunja am Abend in einer Disco die gerade erst zu Weihnachten geschenkte Handtasche und ihre Kamera gestohlen werden.
Dunja und ich gehen ins Schwimmbad und werden von Kindern einfach so nass gespritzt.
Lustig - würden sich Kinder so etwas in Deutschland trauen? Ich glaube nicht. Aber vielleicht war ich auch einfach lange nicht im Freibad.
Man darf kein Essen, keine Getränke, keine Tiere und keine Waffen mitbringen. Keine Waffen im Freibad? Was soll das denn?
Unser letzter Tag in Cali, und wir fahren noch einmal durch die Stadt und besuchen Freunde von mir. Ein Bus, den wir nehmen, kommt gerade erst aus dem Depot und ist noch leer, sodass der Busfahrer uns einlädt, ein Bild mit Dunja auf dem Fahrersitz zu machen.
Bei jeder Familie, die uns einlädt, gibt es etwas zu essen - so auch bei Paola.
Das gehört zur Gastfreundschaft und das darf man auch nicht ablehnen - egal, ob man Hunger hat oder nicht.
Die Motorradfahrer tragen fast alle einen Helm und eine Weste, auf denen ihr Kennzeichen steht. Die Weste war einmal Pflicht, ist heute aber freiwillig.
Auf dem Weg nach Manuela Beltrán, dem angeblich  gefährlichsten Viertel der Stadt, sehen wir diesen Pferdekarren. Wir nehmen das relativ neue, klimatisierte und sichere Bussystem Mio, um zu sehen, wie die Leute dort leben.
Doch - Überraschung! Ärmer als in anderen Stadtteilen sieht es dort auch nicht unbedingt aus.
Dennoch werden wir von einer Frau gefragt, wo wir hinwollen. Ich erkläre ihr, dass wir nur eine vuelta („kleine Tour“) machen und sie sagt uns, dass wir auf keinen Fall aussteigen sollten. Es sei sehr gefährlich. Haben wir auch gar nicht vor, aber trotzdem muss ich einmal schlucken. Das Viertel scheint nicht allzu arm zu sein, aber anscheinend treiben dort viele Banden ihr Unwesen. Im Falle eines Überfalls würde uns keiner helfen.
Abends grillen wir zum Abschied.
Javier grillt Rindfleisch und Kochbanane für uns. Anschließend nehmen wir den Nachtbus nach Medellín, von wo aus wir für Neujahr nach Nuquí an die Pazifikküste fliegen.
ADA 7972 um 10 Uhr, wir kommen!

1 Kommentar:

  1. Hallo lieber Lars, ich habe mich sehr gefreut über deine Berichte. Geniesse die Zeit - sicherlich kommt sie so nicht wieder. Ich freue mich ,dass du das alles erleben kannst. Ich hoffe du kannst uns auch mündlich noch viel erzählen. Komm heil an Dein Opa

    AntwortenLöschen