Freitag, 22. Juli 2011

Quente e frio

Heiß und kalt

Am Montagmorgen ging es dann mit Fês Bruder Matheus und Walkyrias Freund Carlos zum Strandhaus, das Fês Familie am Atlantik besitzt. Dem sich in die Stadt schleppenden Verkehrsstrom entgegen fuhren wir durch die verbliebene mata atlântica (atlantischer Regenwald) in Richtung Meer, einen Großteil der Strecke innerhalb der auf etwa 500 Höhenmetern hängenden Wolkendecke.
Auf den Weg machten wir einen Zwischenstopp an einem Wasserfall, der an der gegenüberliegenden Seite der Schlucht zu sehen war.
Ansonsten gab es neben vielen Serpentinen einfach nur Wald auf dem Weg zu sehen.
Nach knapp zwei Stunden Fahrt den Berg hinunter durchstießen wir endlich die Wolken und erreichten die Küste. Von dort aus ging es noch eine Stunde in Richtung Osten die Küstenlinie entlang, bevor wir an der praia da baleia (Walstrand) ankamen, wo das Strandhaus inmitten von Palmen ...
... und noch mehr Wald stand.
Vom Haus selber habe ich an dem Tag kein Bild gemacht, aber da ich am Donnerstag mit fünf weiteren Deutschen dorthin zurückkehren sollte, kommt ein Bild in einem späteren Blogeintrag.
Ein Papayabaum im Garten des Nachbars.
Das Haus liegt drei Minuten zu Fuß vom Strand weg. Der Sand ist fest und das Meer ist im brasilianischen Winter so wie die Nordsee im Sommer - also durchaus zum Baden geeignet, vor allem auf Grund der hohen Wellen. Das sehen die Brasilianer nicht ganz so, und so waren wir auch die einzigen Menschenseelen am Strand, wie man auf dem Panoramabild sieht.

Matheus erklärte mich für verrückt, bei dieser Kälte baden zu gehen!
Davon ließ ich mich selbstverständlich nicht beeindrucken, schließlich sind wir Deutschen solche Meerestemperaturen gewohnt. Was für Brasilianer frio (kalt) ist, ist für uns durchaus quente (warm)! Ich schleppte also Matheus mit mir ins Wasser und wir badeten eine Weile, bevor es uns zu kalt wurde.
Abends grillten wir wieder und aßen açaí, die berühmte brasilianische Palmbeere aus dem Urwald, die angeblich ultragesund sein soll. Als Eis schmeckt es ein wenig bitter und leicht nach Heidelbeeren, wobei es traditionell mit Banane und Müsli gegessen wird.
Am nächsten Morgen gab es leckere Früchte, von links nach rechts: Orange, Mango, Maracuja, Papaya und Ananas.
Später ging ich noch einmal an den Strand und fand heraus, wieso er übersetzt Walstrand heißt - die Form der Bucht hat zur Namensgebung geführt.
Gefahr, Strömung!

Nachdem ich noch einmal baden gegangen war, machten wir uns am Dienstagnachmittag auf den Rückweg. Nach etwa einer Stunde Fahrzeit wurden wir von der Polizei angehalten zu einer Routinekontrolle. Problematisch war, dass Carlos sein Auto erst vor zwei Wochen gekauft hatte und die Papiere noch nicht auf seinen Namen überschrieben worden waren. Daraufhin meinte der Polizist, dass er eigentlich von Gesetzes wegen Auto und Führerschein beschlagnahmen und eine Strafe in Höhe von etwa 300 Euro verlangen müsse... doch netterweise ließ er uns so fahren.
Einfach so, OHNE die Zahlung eines "geringen Entgeltes für die Kaffeekasse" oder einer "Unterstützung der lokalen Subsistenzwirtschaft"! Carlos und Matheus waren extrem verblüfft über das Verhalten des Polizisten, und ich mit meiner Südamerikaerfahrung auch. Aber Brasilien ist eben nicht Kolumbien. Daumen hoch!

Der nächste Blogeintrag geht dann in Kürze über die Stadt selber. Mal wieder reinschauen lohnt sich!

Euer Lars

Mittwoch, 20. Juli 2011

Embora da poluição

Raus aus dem Smog
20 Millionen Einwohner in 10 Millionen Autos verursachen auch entsprechend viele Abgase, und so fuhren wir am Sonntag morgen um 7 Uhr hoch in die São Paulo umgebende Bergkette, um die Stadt und die gelbe Wolke aus dem Parque Estadual da Cantareira (Staatspark Cantareira) von oben zu betrachten.
Durch die Stadt, vorbei an Telefonzellen für Behinderte, ging es zum Eingang des Nationalparks, etwa 1200 Meter über Normalnull. Die Stadt selbst liegt auf knapp 800 Metern über dem Meeresspiegel.
In dem Nationalpark leben auch Affen. Leider bekamen wir keine zu Gesicht.
Nach einer einstündigen Wanderung, in der die Sonne herauskam und die Temperatur bis auf 28 Grad anstieg, erreichten wir Pedra Grande (Großer Stein) auf 1010 Metern Höhe und hatten einen wunderschönen Blick über die achtgrößte Stadt der Welt.
Das Ganze gibt es dann auch noch mal bewegt für euch!

Bei der Gelegenheit habe ich auch gleich mal den Zoom ...
... und die Bildbearbeitung meiner neuen Kamera ausprobiert.
Die Stadt im Hintergrund erscheint grenzenlos - dass dies wirklich so ist, dazu mehr in einem der folgenden Beiträge.
Anschließend gingen wir den Berg ein wenig hinab und kamen an einen See, an dem verschiedene Pflanzen wuchsen, unter anderem Bambus.
Überhaupt ist die Vielfalt der Pflanzen hier riesengroß. So wächst beispielsweise im Vorgarten des Hauses von Fês Familie ein Basilikumstrauch, der mehr als einen Meter hoch ist - er hat ja auch das ganze Jahr Zeit zum Wachsen!
Am See legte ich mich für eine Weile ins Gras, da ich noch unter der Zeitverschiebung litt und sehr müde war. Leider erwischte ich prompt eine Kolonie Beißameisen, die an meinem Unterschenkel Gefallen fand. Daraufhin kommentierte Matheus, Fês Bruder nur trocken: "Importiertes Fleisch ist sehr begehrt in Brasilien!"
Anschließend ging es wieder dentro da poluição (in den Smog hinein), da wir nachmittags zum Grillen bei Onkel Walter eingeladen waren.
Grillmeister Carlos, der Freund von Fês Mutter Walkyria, servierte Würstchen, Schwein und Rind am Spieß, Hähnchenkeulen, Rindersteak, und noch etliche andere Köstlichkeiten von der churrasqueira - dem Grill, der in brasilianischen Häusern allgegenwärtig ist. Im Nordosten Brasiliens, wo die Tradition des Grillens noch mehr im täglichen Leben verankert ist, gibt es sogar Wohnungen in Hochhäusern, in denen churrasqueiras installiert sind!
Die bekannten Personen, von der zweiten Person von links nach rechts: Walkyria, Raquel (Fês Schwester), Matheus (Fês Bruder), Walter und ich.

Während ich bei Steak und Caipirinhas die ganze Familie kennen lernte, sahen wir die Niederlage von Brasilien gegen Paraguay bei der Copa América im Elfmeterschießen, bei denen die seleção (wörtlich: Auswahl, oft genutzt für die brasilianische Fußballnationalmannschaft) kein einziges Mal vom Punkt traf. Stattdessen trafen sie einmal den Torwart und traten den Ball dreimal in den Nachthimmel. Wie Werner Hansch so schön sagte: "Der würde ja nicht mal aus 10 Metern Entfernung ein Scheunentor treffen!"
Wer noch was zum Lachen braucht, dem sei dieses Video ans Herz gelegt. Ich glaube, auch ohne Portugiesischkenntnisse ist der Sinn verständlich - es geht bei Bar x Casa (Bar gegen Zuhause) darum, wo man besser Fußball gucken kann.
Damit verabschiede ich mich wieder mit dem Versprechen, mich übermorgen mit Eindrücken vom Strand zurückzumelden!

Viele Grüße aus der Wärme, Lars

Samstag, 16. Juli 2011

Bem-vindos ao Brasil!

Herzlich willkommen in Brasilien!
Aber zunächst einmal herzlich willkommen in meinem Blog! Hier soll es über meine Erlebnisse im Auslandssemester in Chile gehen, das ich an der Universidad Técnica Federico Santa María absolvieren werde. Die technische Universität befindet sich im malerischen Hafenstädtchen Valparaíso (deutscher Name: Paradiestal! Wie geil klingt das denn bitte?), das etwa anderthalb Stunden Fahrt entfernt von der Hauptstadt Santiago de Chile am Pazifik liegt.
Warum steht denn dann Brasilien in der Überschrift? Es begab sich so, dass ein Flug mit Zwischenstopp in São Paulo sehr viel günstiger war (danke, Anke und Andrea!) als ein Direktflug nach Chile, sodass ich die Gelegenheit nutzte und hier nun erstmal eine Woche Ferien mache. Ich wohne bei der Familie meiner brasilianischen Freundin , die in Deutschland ist.
Gut gekleidet trat ich den Flug in einer Boeing 747 der Lufthansa an und wurde prompt mit einem Upgrade in die Business Class belohnt! Das ist doch schon einmal ein toller Start in die Ferien!
Die Filmauswahl, das Essen und das 160°-Bett ließen mich nach 12 Stunden Flug zufrieden, glücklich und ausgeruht in São Paulo ankommen, wo mich nach kurzem Warten Fês Familie abholte. Das Wetter hier ist gut, der brasilianische Winter toppt mit 20-25°C und Sonne auf Anhieb den Bremer Sommer und die Leute sind unglaublich nett.
Die Stadt ist unglaublich riesig - und das ist wirklich so gemeint, 20 Millionen Einwohner im Ballungsraum! Das ist mal eben ein Viertel der gesamten deutschen Bevölkerung in einer Stadt!
Während die Sonne aufging, fuhren wir in vergleichsweise kurzen 45 Minuten vom Flughafen nach Hause. Dort gab es dann für mich ein zweites Frühstück - das erste hatte es im Flugzeug gegeben - und anschließend gingen Fês Mutter Walkyria, Fês Bruder Matheus und Walkyrias Freund Carlos mit mir auf den Wochenmarkt.
Natürlich war ich hellauf begeistert von der Auswahl der Früchte, wie hier zum Beispiel reife, süße Mangos - drei Stück für 3 Reais. (Der Real - im Plural Reais - ist die brasilianische Währung und momentan ist ein Euro 2,23 Reais wert. Eine Mango kostet also etwa 45 Cent.)
Ein Blick über den Wochenmarkt.
Matheus und ich: der Stand hat mehr Bananensorten als eine deutsche Bäckerei Brotsorten!

Anschließend ging es wieder nach Hause, wo ich mich erst einmal für eine Stunde schlafen legte, da es doch ganz schön anstrengend ist, nur Portugiesisch zu hören und sprechen zu müssen. Ich kann mich aber ziemlich gut verständigen und verstehe auch das Meiste. Brasilien ist übrigens das einzige Land in Südamerika, in dem man Portugiesisch spricht. Der Rest (außer Französisch-Guyana) ist spanischsprachig.
Ein Blick ins Haus von Fê ...
... und ein Blick nach draußen. Man beachte den wolkenfreien Himmel. Und das ist "Winter"!

Mittags ging es dann zur Goldenen Hochzeit eines Onkels und ich durfte, nein, ich sollte natürlich auch mitkommen! Die Familie des Onkels ist nach dem 2. Weltkrieg aus Portugal nach Brasilien ausgewandert und sieht nicht so aus, wie man sich Brasilianer so vorstellt. Die Enkelkinder waren alle weiß und blondhaarig und hätten auch genauso gut in Deutschland herumlaufen können, ohne aufzufallen!
Die Torte - allerdings nur aus Pappmaché gebaut.

Ganz schön viel für einen Tag! Jetzt gehen wir noch ins Einkaufszentrum und dann gehe ich auch bald schlafen, denn morgen wollen wir um 8 Uhr auf einen Hügel gehen, um einen Blick auf die Stadt zu haben, bevor es dann später zum Geburtstag eines Onkels geht, der ein churrasco (Grillen) veranstaltet. Und anschließend feiern wir noch den Geburtstag von Fês Schwester Raquel vor, die am Montag 20 Jahre alt wird.
Sonnige Grüße von Matheus, Raquel, mir und Walkyria nach Deutschland!

Zum Schluss noch ein paar Anmerkungen:
  • So markierte Wörter könnt ihr anklicken, woraufhin ihr zum Wikipedia-Artikel verlinkt werdet, falls ihr Interesse an Hintergrundinformationen habt.
  • Die Bilder können angeklickt werden, woraufhin sie größer angezeigt werden. Mit Strg+Klick öffnet ihr das Bild in einem neuen Tab, mit Umschalt+Klick in einem neuen Fenster.
  • Ich freue mich über Kommentare, Anregungen und Fragen aller Art. Bitte nutzt die Kommentarfunktion unterhalb des Artikels, eine Anmeldung ist nicht notwendig!

Euer Lars