Montag, 1. August 2011

Sem limites

Ohne Grenzen

Obwohl hier in Chile gerade alles drunter und drüber läuft, wollte ich euch ja noch über die weiteren Erlebnisse in Brasilien informieren. Neuigkeiten aus Chile kommen dann später - da gibt's ne Menge zu erzählen. Schon der Blogtitel ¡Vamos pa' Valpo! ist nicht mehr korrekt ...
Früh in der Früh fuhr ich mit s Mutter Walkyria zum Flughafen, um meine Kommilitonen Florian und Veronika abzuholen, die mit mir in Chile studieren werden und auch einen Zwischenstopp in São Paulo einlegten. Die Autobahn war noch leer und so brauchten wir nur eine halbe Stunde, bis wir da waren. Zwei Minuten nach unserer Ankunft kamen dann auch die beiden aus dem Ausgang und wir machten uns wieder auf den Rückweg in die Stadt herein. Morgens um halb sieben nach São Paulo hereinfahren - ganz ehrlich, kannste vergessen!
São Paulo hat nämlich neben seinen 11 Millionen Einwohnern auch noch mehr als 8 Millionen Vorortbewohner, von denen sich gefühlt alle gleichzeitig mit uns auf den Weg in die Stadt machten, oder besser gesagt, die dies vorhatten. Denn auf einmal ging nichts mehr und wir steckten im berühmt-berüchtigten trânsito (Stau) fest. Doch nach einer Weile warten - wichtigste Fähigkeit überhaupt in Südamerika - kamen wir voran und waren dann auch bald zu Hause.
Zu Hause angekommen hatte die Hausangestellte Ilda (in der Mitte des Fotos) bereits Frühstück für Veronika, Florian, Walkyria und mich (von links nach rechts) vorbereitet. Links ist übrigens ein Geschenk an Walkyria wunderbar zu sehen - ein Niederegger-Marzipanei oder das, was noch davon übrig war.
Florian und Veronika packten dann erst einmal ihre Sachen aus und zogen sich um, und kurz darauf ging es mit Walkyrias Freund Carlos und Fês Bruder Matheus mit dem Auto zur nächsten estação de metrô (U-Bahn-Station, außerhalb des Zentrums fahren die Züge jedoch wie in Hamburg auch oberirdisch) und dann mit der Bahn eine knappe Viertelstunde ins Geschäftsviertel der Stadt.
Könnte auch ein Bild aus New York sein ...

Das Gebäude zur Linken betraten wir, da man kostenlos in die oberste Etage fahren kann und dann für maximal fünf Minuten einen tollen Ausblick über die ganze Stadt hat. Zum Besteigen des Fahrstuhls musste man jedoch irgendeinen Ausweis vorzeigen, doch Florian und Veronika hatten nichts dabei. Doch wie der Brasilianer sagt, sempre da um jeito ("irgendeine Möglichkeit gibt's immer").
So meinte Carlos zu uns, wir sollten uns auf Deutsch unterhalten und er würde versuchen, uns als offensichtliche Touristen doch durch die Sicherheitskontrolle zu bekommen. Wir machten uns also einen Spaß daraus, einfache Sätze wie "Ich werde ein Brot kaufen." richtig schön deutsch auszusprechen, mit vielen Kehlgeräuschen als "Icchh werrrde ein Brrrot kaufen!" Und siehe da, wir kamen rein!
Fällt man nicht als Deutscher sowieso auf in São Paulo? Keineswegs! Die Stadt hat so viele Einwanderer aus allen Teilen der Welt, sodass wir zwar blond und groß sind, aber bei weitem nicht die einzigen, die so aussehen! Es ist sehr entspannend, einmal nicht andauernd als gringo ("US-Amerikaner") angequatscht zu werden. Die Stadt ist zwar deshalb nicht sicherer, aber immerhin ist es für mich aus Touristen nicht gefährlicher als für einen Einwohner.
Der Ausblick vom Turm ist überwältigend: die Stadt ist sem limites ("ohne Grenzen")! Man sieht tatsächlich in drei der vier Himmelsrichtungen keine Stadtgrenze - während man in Manhattan, New York City, vom Empire State Building aus wenigstens die Begrenzung durch die Flüsse sieht, geht die Ansammlung von Hochhäusern hier bis ins Unendliche weiter. Increível ("Unglaublich")!
Nur in Richtung Norden konnten man schemenhaft die Hügel erkennen, an denen São Paulo gezwungenermaßen endet und die wir den Tag zuvor bestiegen hatten. Besonders beeindruckend auch die Breite der Straße im Bild, wie ich finde: siebenspurig in jede Richtung!
Mal ein bisschen spionieren ...

Auf dem Rückweg im Fahrstuhl sprach uns dann eine Frau auf Englisch an, woher wir denn kämen. Auf unsere Antwort, aus Deutschland, antwortete sie, das hätte sie schon bemerkt, sie war nämlich als Au-Pair für ein Jahr in Deutschland. Jetzt bemerkten wir, dass sie die ganze Zeit hinter uns in der Schlange stand und somit alles verstand, was wir gesagt hatten! Nicht schlimm, aber lustig - und die Welt ist eben doch kleiner, als man denkt.
Wieder unten liefen wir durch die Innenstadt, die wie in Kolumbien eine trügerische Sicherheit bot. Mehrfach ermahnte Carlos uns, keine Wertsachen wie Kameras herauszuholen und auf unsere Portemonnaies aufzupassen. Die zwei alten VW-Busse im Hintergrund sind genauso wie VW Käfer im Stadtbild allgegenwärtig, und man fühlt sich dadurch dann und wann zurück in der Zeit versetzt.
Auf dem mercado municipal (städtischer Markt) gab es eine riesige Vielfalt an Früchten, die aber total überteuert waren! Statt einem Euro für eine Riesenpapaya (30 Zentimeter lang) auf dem Markt sollte sie hier 3 Euro kosten. Dann lieber nicht.
Aber dafür gab es ein schönes buntes Mosaik in der Markthalle ...
... und viele bunte Leute und Früchte zu sehen.
"Alligatorfleisch essen ist jetzt legal." Ja gut, Sodomie ist in Deutschland auch legal. Muss man ja trotzdem nicht tun ...
Dieses Gebäude ist die Estação da Luz (Lichtbahnhof) aus dem Jahre 1867, ein sehr berühmter Bahnhof im Zentrum São Paulos. Von außen sehr schön anzusehen und von einem netten Park gesäumt, beherbergt der Bahnhof neben Bahngleisen das Museu da Língua Portuguesa (Museum der Portugiesischen Sprache).
Naja - Bahnhof halt.
Wir hatten noch etwa 2 Stunden Zeit. Flo und ich waren sofort Feuer und Flamme, als uns vom Fußballmuseum der Stadt erzählt wurde. Brasilien und Fußball? Da mussten wir unbedingt hin! Vom Estádio do Pacaembu aus spiegelte sich die untergehende Sonne in der Smogglocke, die Tag und Nacht über São Paulo hängt.
In diesem Stadion spielen die Teams Corinthians und Palmeiras, und außerdem befindet sich dort das besagte Fußballmuseum. Mit vielen Bildern und Videos wird man über zwei Etagen auch auf Englisch durch die brasilianische Fußballgeschichte geführt. Ein tolles Museum! Selbst Veronika musste zugeben, dass ihr das Museum gefiel.
Viele Grüße nach Deutschland von Matheus, mir, Veronika, Florian und Carlos!
Zum Abendessen gab es dann Pizza, und umsonst dazu gab es noch eine pizza de brigadeiro (Schokoladenpizza). Pizzateig mit geschmolzener Kuvertüre - nun ja, mein Ding ist es nicht. Anschließend packten wir noch unsere Sachen, denn morgen sollte es mit drei weiteren Deutschen wieder an den Strand gehen!

Aber wie bei der Reise ist auch beim Schreiben morgen noch ein Tag. Damit viele Grüße aus Südamerika,

euer Lars

2 Kommentare:

  1. Danke für die vielen tollen Bilder! Ich krieg sofort Hunger auf die Nutella-Pizza zum Frühstück :-D

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  2. Was für eine Stadt. Fast 20 Mio. Bewohner eines Grossraumes. Wie verträgt die Natur das? Gibt es noch Natur? Und wie mögen eure Ausflugziele, die jetzt im Winter leer erschienen wohl im Sommer aussehen, bzw.bevölkert sein?
    Das können wir uns hier in Klein- Hamburg gar nicht vorstellen!!
    Tolle Einblicke für alle Daheimgebliebenen.
    Danke LiCo

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