Dienstag, 8. November 2011

Hasta el fin del mundo

Bis zum Ende der Welt

Bereits vor einer ganzen Weile - der Blick auf die Bilder verrät mir, es war Ende September! Damals, als auf den Streik noch Verlass war und die ersten Sonnentage den chilenischen Winter vertrieben - machten wir uns nach Tricahue auf. Ein Mitbewohner von Flo hatte ihm diesen Ort als idyllisch empfohlen, und da es auch gar nicht so weit weg war von Santiago, setzten wir uns wieder in den Bus ...
... und ab ging es auf die Panamericana, 340 Kilometer Richtung Süden.

Nach drei Stunden erreichten wir Talca, wo wir eine Stunde Umsteigezeit hatten und in der Zeit einkaufen gingen. In Tricahue gab es nämlich weder Super- noch Mikromarkt. So entschieden wir uns, was wir kochen wollten, und kauften dementsprechend Müsli, Früchte, Officer und Fruit-Officer (den meisten Leuten unter den Namen Snickers und Bananen bekannt) sowie die Zutaten für das Grillen, den Gemüsereis mit Sahne, die Pfannkuchen und die Lasagne (mit Gourmetecke für Patrick, ergo ohne Spinat!) ein.
Beim Warten im Bus auf die Abfahrt: Mein SPIEGEL-Abo erfreut sich großer Nachfrage.
Nach weiteren anderthalb Stunden im Bus mit einer Menge Schulkindern auf dem Weg nach Hause und Geschwindigkeiten von unter 20 km/h - was wir als zukünftige Ingenieure mit Hilfe der Straßenmarkierungen und einer Stoppuhr ausrechneten, weil es uns zu doof vorkam, nach vorne zu gehen und auf den Tacho zu schauen - meinte ein Kind, dem wir von unserem Reiseziel erzählt hatten, wir müssten hier jetzt raus.
Hier? Am Ende der Welt?

Auf halbem Wege zur argentinischen Grenze hatten wir einen Ort gefunden mit wahrhaftig schöner Natur! Die entscheidende Frage war nun nur, wo denn jetzt das gesuchte Refugio Tricahue lag.
Doch nach einer Weile erspähten wir ein Holzhaus zwischen den Bäumen und der dort lebende Franzose Dimitri begrüßte uns mit einem selbstgebrannten Schnaps, bevor er uns die von ihm erbaute Gästehütte zeigte.
Schweden? Dänemark? Chile!
Mit Basti, Veronika, Flo und Patrick (von links nach rechts) genoss ich erst einmal die gute Luft und wir erkundeten die Umgebung. Der Fluss führte ziemlich wenig Wasser, wie man hier sieht. Chile leidet unter einer langanhaltenden Dürre, was große Probleme für die Energieversorgung mit sich führt, da traditionell die Hälfte des Stroms aus Wasserkraftwerken kommt. Einige Stauseen führen aber nur noch 3% ihrer Wasserkapazität - ja, Señor Zurita, ich habe mich für die Elektrotechnik-Klausur tatsächlich vorbereitet! - und so werden momentan alle verfügbaren Dieselgeneratoren angeschmissen, damit es genug Strom gibt.
Just an jenem Wochenende kam es zu einem Stromausfall in großen Teilen des Landes, weil ein Umspannwerk kaputt gegangen ist. Da das Land lang und schmal ist, gibt es eine zentrale Stromleitung - und wenn die nicht mehr ist, ist halt auch kein Strom mehr. Aber uns störte das nicht - in Tricahue konnte man wunderbar versacken, mit Strom oder ohne. Gekocht wurde schließlich mit Gas - wie in ganz Chile übrigens - und geheizt mit dem Holzofen.
Ein paar Eindrücke aus der umwerfenden Natur mit meiner umwerfenden Kamera.
Am nächsten Tag wollten wie eine achtstündige Wanderung unternehmen, liefen allerdings den Rundkurs in die verkehrte Richtung los. Im Schlepptau kamen zwei Hunde mit, von denen einer Dimitri gehörte und der andere ein Straßenhund war, der sich besonders über meine Gesellschaft freute. Wir liefen etwa zwei Stunden in die richtige Richtung, fanden dann aber den Abzweig nicht und fanden uns nach einer recht langen und intensiven Suche an einem Bergbach wieder, der ohne Strömung wohl schon längst gefroren wäre.
Die leichte Kleidung täuscht: die Sonne schien zwar, aber das Wasser war eiskalt. Geschätzt waren wir fünf zusammen vielleicht eine Minute im Wasser!
Doch obwohl wir nicht dort hinkamen, wo wir hinwollten, waren wir glücklich und genossen einige tolle Blicke auf die Anden! Die chilenisch-argentinische Grenze, von Tricahue weniger als 100 km entfernt, verläuft direkt entlang der Bergkette.
Eigentlich wollten wir ja abends Informatik lernen, aber es war so schön am Feuer mit Pisco und Cola ... morgen war ja auch noch ein Tag!
Am nächsten Tag liefen wir also noch einmal in den Wald, diesmal aber richtig herum - und plötzlich gab es auch Schilder!
Dieser Uhu betrachtete uns skeptisch.
Mitgekommen war diesmal wieder Dimitris Hund, dazu noch ein treuer Begleiter, den wir liebevoll Lassie tauften. Beide Hunde waren glücklich, mal ein bisschen Bewegung und Abwechslung zu bekommen, und tollten um uns herum, während wir uns den Berg hinaufquälten. Aber die Aussicht belohnte uns dann auch für den steilen Aufstieg.
Bambus säumte unseren Weg.
Insgesamt zählten wir vier Vogelspinnen auf dem Weg, alle etwa in dieser Größe. Zum Glück trugen wir festes Schuhwerk, aber die Viecher jagten uns schon Schrecken ein. So groß! Und so pelzig! Später kamen wir dann auch auf dem Weg vom vorherigen Tag heraus, aber der Abzweig war so versteckt, dass man ihn wirklich nicht erkennen konnte! Am gleichen Bergbach, aber an einer anderen Stelle, gingen wir dann wieder baden.
Hier noch motiviert, ...
... hier von der Kälte geschockt. Wenn ihr auf das Bild klickt, dann auf Show original unten links, und dann noch einmal auf das Bild - hey, ich hab mir das nicht ausgedacht! - könnt ihr den Gesichtsausdruck vergrößert genießen!
Lustige Geschichte am Rande: Als wir alle auf der anderen Seite des Flusses waren, hatte Lassie das Bedürfnis, zu uns zu kommen. So versuchte er, trockener Pfote über den Fluss zu kommen, was ihm aber nicht gelang, da er auf den glitschigen Steinen wegrutschte und vom Wasser ein paar Meter mitgerissen wurde. Als er dann da war, wollten wir aber eigentlich schon wieder zurück, und so wurde Lassie noch einmal komplett nass. Danach schüttelte er sich für ungefähr fünf Minuten - wir sind der Meinung, er hat sich bei dem Ausflug in den Bach das Gehirn weggefroren. Dimitris Hund blieb derweil faul in der Sonne liegen.
Am Abend wurde es wieder nichts mit dem Lernen, sodass die Busfahrt reichen musste (nach der Klausur wussten wir: sie hat gereicht!). Doch bevor ich zum Ende komme, mache ich einfach noch mal ein bisschen Werbung für Dimitri und das Refugio Tricahue. Ein toller Ort mitten in der Natur zum Entspannen. Wer in Chile ist und ein bisschen Ruhe braucht, der ist dort genau richtig! Und wenn ihr da seid, dann fragt nach meinen Flipflops, Havaianas Größe 46, schwarz mit grünen Streifen - die müssten noch da sein :D

Bis dann, euer Lars

3 Kommentare:

  1. Haha, war schon mal wieder eine coole Reise, das stimmt! Und auch cool das ganze wieder Revue passieren zu lassen :) Thx Lars

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  2. Ja, so stellt man sich gemeinhin das Studentenleben vor und so soll es dann auch sein! Toll, dass du so viel unternimmst und uns alle daran hautnah teilhaben lässt! Es hat wie immer Spaß gemacht deinen Blog zu lesen und ich freue mich schon auf deine nächsten Abenteuer. Grùße nach Chile LiCo

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  3. Hallo Lars,
    danke für die vielen tollen Berichte und Fotos aus Chile und dafür, dass du alle daran teilhaben läßt! Viel Spass noch und liebe Grüße aus den frostigen Hamburg! Susi

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